Russell Tribunal on Human Rights in Psychiatry

Gegenstand des Tribunals

Die Bestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben in den Gesetzgebungen vieler Länder dieser Erde ihren Niederschlag gefunden. Die westliche Welt rühmt sich der konsequenten Umsetzung der Erklärung und leitet daraus nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch das moralische Recht ab, die Umsetzung der Menschenrechte in nicht-demokratischen Ländern zu überwachen. Aber werden die westlichen Gemeinschaften den selbstauferlegten Ansprüchen und Maßstäben gerecht?

Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung in psychiatrische Kliniken einschließlich Fixierung, Elektroschock und Verabreichung von Psychopharmaka aufgrund der Diagnose psychischer Krankheit sind alltägliche Praxis. Einmal eingewiesen, durchleben die Betroffenen eine Odyssee ohne absehbares Ende. Diese Entrechtung und Stigmatisierung sogenannter psychisch Kranker stellt eine Verletzung der Menschenrechte dar, wie sie in der UN Deklaration niedergeschrieben sind – das sagen Betroffene und Kritiker des psychiatrischen Systems. Vertreter der Psychiatrie begründen die Praxis der Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung als notwendig, da die psychisch Kranken vor sich selbst zu schützen seien bzw. die Gesellschaft vor ihnen.

Zur Einschätzung der Situation der Menschenrechte in der Psychiatrie bedarf es daher einer unabhängigen und umfassenden Untersuchung und Bewertung. Dazu soll das fünfte Internationale Russell Tribunal einen wesentlichen Beitrag leisten. Der historische Vorläufer dieser Form der öffentlichen Verhandlung war das Vietnam War Crimes Tribunal, das 1966 von dem britischen Philosophen Lord Bertrand Russell ins Leben gerufen wurde. Verhandelt wurden damals unter Beteiligung von Jean Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Peter Weiss, u.a. die Gräuel des Vietnam-Krieges. Seit diesem ersten Tribunal haben drei weitere stattgefunden, unter anderem eines Anfang der achtziger Jahre zu den Berufsverboten in der BRD. Ausschließlich aus der moralischen Verantwortung und Verpflichtung der Teilnehmenden entstanden, Menschenrechtsverletzungen nicht gleichgültig hinzunehmen, erwiesen sich die Tribunale jeweils als eine wirksame Möglichkeit, staatlich legitimierte Gewalt, über der der Mantel des Schweigens hing, ins öffentliche Bewusstsein zu rufen.

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