FREIE UNIVERSITÄT BERLIN
Allgemeiner Studierendenausschuß
Fachschaftsreferat
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16.05.2001

Kein „Freedom of Thought" an der Freien Universität?

Presseerklärung

Unileitung der FU verweigert Räume für „Freedom of Thought" - AStA FU Berlin: „Diese massive Einschränkung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit werden die Studierenden nicht hinnehmen!"

Unter dem Titel „Freedom of Thought" findet vom 29.Juni- 1. Juli 2001 zum einen der Kongress „Geist gegen Gene" und zum anderen das „Russell Tribunal of Human Rights in Psychiatry" in Berlin statt. Der AStA FU Berlin unterstützt diese im Rahmen seiner Aufgaben zur politische Bildung der Studierendenschaft. Zusammen mit Wolf-Dieter Narr vom Otto-Suhr-lnstitut hatte daher der AStA die für die Veranstaltung an der FU benötigten Räume bei der Unileitung beantragt. Am 10. April 2001 wurde jedoch die Zusage für die Raumreservierung vom Präsidilamt unter fadenscheinigen Argumenten (ein detaillierter Antrag würde fehlen, den der AStA aber zugeschickt hatte, bzw. es wäre, trotz massivem Briefwechsel, kein Interesse an den Räumen mehr zu erkennen gewesen) zurückgenommen. Der AStA wertet dies als eine massive Einschränkung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit an der Freien Universität, die die Studierenden nicht stillschweigend hinnehmen werden.

In der aktuellen Entwicklung in Genforschung und Gentechnologie spielen die Universitäten eine wichtige Rolle, Neben dem Campus Berlin-Buch, dem Max-Planckinstitut für Molekulare Genetik und der Schering AG sind vor allem die Berliner Universitäten tragende Säulen gentechnologischer Forschung in der Region Berlin-Brandenburg. Vor allem die Freie Universität versucht hier Akzente zu setzen. So ist sie entscheidend beteiligt an der Entwicklung des RNA-Netzwerks Berlin-Brandenburg, das eine wichtige Rolle in der Forschungsförderung und kommerziellen Verwertung von RNA-Technologie spielt, und dem Groß-Projekt „Proteinstrukturfabrik", das innerhalb des Deutschen Humangenomprojekts die Funktionsweise der Genprodukte (Proteine) untersucht.

1998 ist sogar mit der Mologen Holding AG eine der ersten und wichtigsten Gentechfirmen direkt aus einer Arbeitsgruppe der FU entstanden. Ihr Gründer (Prof. Burghardt Wittig) ist Molekularbiologe am Fachbereich Humanmedizin im Institut für Molekularbiologie und Bioinformatik der FU Berlin.

Die enge Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft beeinflußt Forschungsfragen und Forschungsrichtungen. Statt „Geist gegen Gene" ist Gene gegen Geist an der FU unipolitisch Programm. Während in den Geistes- und Sozialwissenschaften die Stellenkürzungen ununterbrochen an der Tagesordnung sind, wurde im Wintersemester 1999/2000 ein neuer Studiengang Bioinformatik eröffnet.

Der Gen-Boom fördert außerdem die Einführung von Auswahlverfahren nach sogennanter „Begabung", die sich am Bildungsideal des deutschen Bildungsbürgertums orientiert. Studierende aus schwierigen sozialen Verhältnissen, ausländische Studierende, Alleinerziehende und Studierende aus dem Zweiten Bildungsweg werden dabei systematisch ausgegrenzt.

Kritik an Genforschung und Gentechnologie, der Verweis auf Zusammenhänge von neuerer Humangenomforschung und der Eugenik der Nationalsozialisten, der Hinweis auf die Produktion von Biotech-Waffen und auf die Rolle von Humangenetikerinnen im Zwangssystem Psychiatry schadet da nur dem Standort „FU". Solche Zusammenhänge zum Thema zu machen, ist augenscheinlich nicht im Interesse der Unileitung.

Mit der Untersützung des Projekts „Freedom of Thought" will der AStA FU allen Studierenden die Möglichkeit geben, vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Debatten um Embryonenschutz, Menschenklonen und Gen-Food die Frage „Geist oder Gene" überhaupt noch zu stellen.

Die durch die Rücknahme der Raumzusage ausgeübte Zensur durch die Unileitung werden wir nicht einfach hinnehmen.

Für Wissenschafts- und Meinungsfreiheit!

Bei Nachfragen: 839091-0 (Vanessa Lux - Fachschaftsreferat)